Geschichte & Erfolge

Seminar

Knaben- bzw. Bischöfliches Seminar

Nicht nur räumlich bilden Bundesgymnasium und Seminar im Weichbild der Stadt Mattersburg ein markantes Kennzeichen, auch in historischer und geistiger Hinsicht sowie in der Zielsetzung können sie als „Brüder” angesehen werden. Was Bildung und Erziehung der Jugend betrifft, haben beide Einrichtungen, Schule und Internat, das geistige, kulturelle und religiöse Leben des Landes mitgeprägt.

„Geburtsort” der Institution Knabenseminar – so die erste Bezeichnung – ist Eisenstadt im Sommer 1933. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Aufhebung des Internats wie auch vieler anderer Bildungseinrichtungen durch die Nationalsozialisten werden 1945/46 Gymnasium und Knabenseminar im Gebäude des ehemaligen Lehrerseminars untergebracht.

In der Präambel der Statuten hieß es: „Das burgenländische Knabenseminar ist eine Erziehungsstätte für Knaben, die sich durch Gott berufen fühlen, den Beruf des Priesters auszuüben. Das Knabenseminar will für alle seine Bewohner neben dem Elternhaus eine zweite Heimat sein. Durch ernstes und eifriges Studium sollen sie sich auf kommende Berufsarbeit vorbereiten.” Diese Zielvorstellung kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der erste Rektor, Ludwig Gurtner, von der Sorge ums nackte Überleben – Organisation von Nahrungsmitteln und Heizmaterial- in Anspruch genommen war.

Die wachsende Zahl der Seminaristen und Schüler des Gymnasiums lässt Überlegungen und Pläne zur Errichtung eines neuen Seminargebäudes neben der Schule immer konkreter werden.

Im Frühjahr 1953 fällt der Entschluss zum Neubau: Geistige Väter des neues Hauses sind der damalige Bischof Dr. Josef Schoiswohl und Rektor Alfred Hirtenfelder. Die Planung übernimmt der renommierte Architekt Robert Kramreiter.

Im Sommer 1953 beginnen die Bauarbeiten am neuen Haus. Beauftragt damit ist die Firma Koch aus Mattersburg. Mit einem geplanten Kostenaufwand von 5,5 Millionen Schilling sollen ein Wohntrakt für die Studenten, Wohnräume für die Erzieher und ein Verwaltungstrakt mit Küche errichtet werden. Besonderes Augenmerk wird auf ausreichende Sport- und Freizeiteinrichtungen gelegt. Um sich eine Vorstellung von der Größe des Hauses machen zu können, seien einige Zahlen genannt. Umbauter Raum: 19.000 m3, ca. 250 Fenster und 150 Türen.

Im Herbst 1953 erfolgen der Spatenstich und die feierliche Grundsteinlegung. Innerhalb eines Jahres stehen die wesentlichen Teile des Neubaues, sodass genau ein Jahr später, im September 1954, das Haus in Betrieb genommen werden kann. Für die Seminaristen stehen nun ein modernes, allen pädagogischen Erfordernissen gerecht werdendes Gebäude zur Verfügung. Für die Bewohner des Internats sind die folgenden zwei Jahre trotzdem mit einer Reihe von Unannehmlichkeiten verbunden. Gehen doch die Bauarbeiten am Kapellentrakt und in anderen Bereichen weiter. Am 13. Oktober 1956 erfolgt die feierliche Weihe durch Bischof DDr. Stephan Laszlo und die Übergabe an Seminaristen und Vorstehung. Unterstrichen wird die Bedeutung dieses Projekts durch die Anwesenheit von Unterrichtsminister Dr. Drimmel und Landeshauptmann Wagner. In den Festreden wird besonders die Zusammenarbeit von Kirche und Staat hervorgehoben. Ist doch diese Kooperation auch auf die von Internat und Schule benützten Sportanlagen ausgeweitet worden. Darüber hinaus ist bereits in einem Vertrag 1953 das Gebäude, in dem das Bundesgymnasium und Realgymnasium untergebracht ist und das der Diözese gehört, auf 99 Jahre an den Bund zur Benützung übertragen worden.

Die Zahl der Seminaristen war in den 50er und 60er Jahren auf etwa 170 angestiegen, sodass jeder Raum genützt werden musste. Geprägt war diese Zeit auch von Erzieherpersönlichkeiten wie dem langjährigen Rektor Robert Gager, dem späteren LSI Hofrat Dr. Zimmermann und dem Musikpräfekten O.Schmid.

Innerkirchliche Veränderungen in der Folge des 2. Vatikanischen Konzils blieben auch auf die Zielsetzung und das Leben im Seminar nicht ohne Auswirkung. Das bisherige enge und einseitige Verständnis von Kirche, Amt und Gläubigen erfuhr eine fast radikale Änderung, die auch für das Seminar Folgen hatte. Dazu ließen gesellschaftliche und soziale Wandlungen eine Sinnkrise entstehen, die letztlich zu einer Infragestellung des Seminars und seiner Aufgaben führte. Im Sommer 1994 fiel seitens der Diözese die Entscheidung, das Internat mit Ende des Schuljahres 1997/98 zu schließen. Nach 44 Jahren wurde per Dekret von Diözesanbischof Dr. Paul Iby das Seminar aufgelöst.

Die Institution „Knabenseminar” bzw. „Bischöfliches Seminar” hat durch seine Absolventen über Jahrzehnte das geistig – kulturelle und religiöse Leben des Landes, der Diözese und der Schule geprägt.